Perspektiken auf unsere Gesellschaft aus hirnphysiologischer Sicht

 

Wie können wir als Menschheit wirklich eine signifikante Wende bewirken und die in Gang gesetzten Prozesse der Umweltzerstörung und des Artensterben zu stoppen?! Ist es nicht schon längst zu spät oder haben wir noch eine Chance?!

Die sehr rational, verkopfte, theoretisierte und (natur)wissenschaftsbasierte Gesellschaftsorientierung, welche unsere Epoche dominieren, steuern auch zugleich unser Denken, Fühlen und Handeln. Doch trotz hoch qualifizierter Erkenntnisse, in Mengen die sich kaum noch zählen lassen und vielfältig professionalisierter Expertise in den Eliteuniversitäten dieser Welt, bekommen wir es nicht in umfassendem Maße hin die "Motivation" aufzubringen, die Verhaltensweisen zu adaptieren, die es braucht um unseren Planeten "zu retten".

Einer der wissenschaftlichen Grundsätze der sich durchgesetzt hat ist "Survival of the fittest" (Überleben des Besseren), der uns am Ende eher nur dazu gebracht hat zu konkurrieren statt zu kooperieren (Hüther, Weihnachtsbotschaft 2018). Dieser Grundsatz zieht sich durch unsere gesellschaftlichen Entwicklungsstadien wie ein roter Faden. Es fängt in der Schule an (wahrscheinlich schon früher) und spiegelt sich z.B. in dem Notensystem wieder, wo der Vergleich, zwischen guten und schlechten Schülern einen starkem Kontrast zu den menschlichen Grundbedürfnissen der Autonomie und Wertschätzung bildet. Er setzt sich in der Arbeitswelt fort, wo wir immer wieder ein Klima der "Ellenbogengesellschaft" und des einander Übertrumpfens vorfinden, statt einander Helfen und für einander da sein. Aus Sicht der Evolutionspsychologie macht dies auch eigentlich gar nicht so viel Sinn by the way, denn am Ende überlebt vor allem derjenige, der nicht allein da steht.  

 Warum also arbeiten wir an vielen Stellen gegeneinander statt miteinander? Warum verunreinigen wir unser Wasser, unsere Luft unsere Erde? Gerald Hüther sagt wir haben uns als Menschheit verirrt. Was auch immer uns als Menschheit dazu bewegt hat, an irgendeiner Stelle die "falsche" Abbiegung zu nehmen, es gibt "Gesetze" in unserem Hirn die uns daran hindern dies zu korrigieren. Dennoch gibt es Hoffnung.

Wie sehen diese Gesetze aus die uns daran hindern? Einen gewichtigen Grund der uns daran hindert die gewohnten Wege zu verlassen und unser Verhalten zu ändern, beschreibt Gerald Hüther als ein banales Grundprinzip, nämlich: Energie Sparen, der zweite Hauptsatz der Thermodynamik. Die Arbeitsweise unseres Gehirns, wie es sich organisiert und strukturiert (denn es ist ein sich selbstorganisierendes und -strukturierendes Organ), folgt einzig dem Grundsatz der Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der Integrität des Organismus über sowenig Energieverbrauch wie möglich. 

Diese wissenschaftliche Perspektive auf die Funktionsweise unseres Gehirns und somit auch ein Stück weit auf uns Selbst, steht sicherlich wiederum im Zeichen der Paradigmen unserer Zeitepoche und entwickelt sich vielleicht in ein paar Jahrhunderten weiter. Doch es ist eine plausible Erklärung und es lässt sich damit zunächst ganz gut arbeiten.

Das erklärt zumindest warum wir nie aufhören können zu "suchen" wie es Hüther ausdrückt und im Grunde ein Leben lang an der "Verbesserung" von uns Selbst bzw. unserer Lebenssituation weiter arbeiten. Ist ein Ziel erst einmal erreicht müssen wir dem nächsten Ziel hinterher jagen, denn ohne ein neues Ziel geraten wir in einen Zustand der sich Inkohärenz nennt. Das führt auf die Dauer zu einem erhöhten Arousal, d.h. ein Zustand der Erregung der in der Regel einen hohen Energieverbrauch mit sich bringt. Das heißt wir brauchen immer neue Ziele um durch das Gefühl der Erfolgserlebnisse, aufgrund des erreichten Ziels, den Zustand der Kohärenz wieder herzustellen (der im Grunde aber nie vollkommen erreichbar ist).

 Was aber wenn wir Erfolgserlebnisse und Verschaltungen geprägt haben, die sich für das Zusammenleben, mit unseren Mitmenschen und anderen Lebewesen auf unserem Planeten schwierig gestalten! Wie es zum Beispiel durch das Prinzip "Suvival of the fittest" geschehen ist. Was wenn wir neuronale Verschaltungsmuster anlegen, die ständig verstärkt werden, wenn man angesehener, reicher und besser ist als andere. Wenn man dafür belohnt wird, andere Menschen oder auch Lebewesen, die vermeintlich "schwächer" und "schlechter" zu missachten. Oder wenn sich ein kultureller Habitus durchgesetzt hat, in dem das Erwerben von immer mehr materiellen Ressourcen als man braucht, gesellschaftlich so grosse Anerkennung geniesst, dass dadurch Menschen zu Aussenseitern werden, wenn sie diese "Ziele" nicht erreichen können oder wollen. 

Zum einen sind Ziele wie es Professor Gerald Hüther ausdrückt schwierig, denn Ziele werden erreicht und und dann muss man sich um das nächste Ziel kümmern. Zum anderen ist es wichtig eine kritische Perspektive, auf die Art der Ziele und wie ich sie tatsächlich erreiche zu haben. Hüther empfiehlt sich Ziele zu setzen, die man eigentliche nicht erreichen kann, an denen man ein Leben lang arbeiten kann, wie zum Beispiel: liebevoll zu mir selbst und anderen sein, oder wie kann ich Weisheit oder inneren Frieden erlangen. Dies lässt ebenfalls Gefühle der Kohärenz zu, aber sanfter und stetiger, nämlich bei jeden Schritt den man täglich weiter kommt.

 Der Hirnforscher Andrew Huberman sagt in diesem Kontext, man solle sich auf die "Honorierung" des Prozess konzentrieren, nicht auf das eigentliche Ziel. Denn der Prozesse hört nie auf und sorgt für ständige persönliche weiter Entwicklung. Wie es so schön heisst "der Weg ist das Ziel". Es geht darum, jeden kleinen Schritt weiter, der das Gelingen eines Vorhabens voranbringt wertzuschätzen, um so die Verschaltungen für "Erfolg" im Gehirn zu setzen. Erfolg wird dabei auch an der "Bewegung nach vorn" in Richtung Ziel gemessen, nicht unbedingt an dem Erreichen eines Ziels. Im übrigen ist auch das rein körperliche nach vorne Gehen bei Anforderungen und Stress gemeint, denn hierbei werden eine Vielzahl an Botenstoffen bzw. Endorphinen in Gang gesetzt, welche das Belohnungszentrum im Gehirn aktivieren. Dies ist ein biologisch-evolutionäres Phänomen, da im frühen Zeitalter der menschlichen Entwicklung, die Bewegung nach vorn essenziell für das Überleben waren.  

Auf der anderen Seite sind starke Emotionen (wie eben durch Erfolgserlebnisse ausgelöst) dafür verantwortlich tiefe und damit dominierende Verschaltungen in unserem Gehirn anzulegen. Daher ist es wichtig immer darauf zu achten, wenn du gerade eine starke Emotion, oder Gefühle hast, positiv oder negativ, dann legst du gerade die Grundlage für eine tiefe Prägung dieses Verhaltens, die mehr desselben hervorbringen wird. Es ist möglich sich um zu konditionieren, doch die bewusste Reaktion und das bewusste Umschalten ist wichtig, denn nicht das Ereignis ist prägend sondern unsere Reaktion darauf. Es ist wichtig das wir lernen umzulenken und nicht voll in das Gefühl rein zu gehen und es stundenlang  zu bearbeiten, da andernfalls die Verschaltungen immer tiefer gehen und zur Gewohnheiten werden. Wir müssen lernen im Augenblick des Stress von Außen auf uns zu schauen, ein paar Schritte weiter weg zu gehen, um Abstand zu gewinnen und um unsere persönlichen Gefühle von weiter weg zu betrachten. Wir müssen zum einen, lernen negative Gefühle zu reduzieren (weniger stark bewerten) und positive Gefühle zu verstärken und zu belohnen.

Gut erforscht in diesem Zusammenhang sind "Gefühle oder Empfindungen" der Dankbarkeit, Freude (die Dinge mit Humor nehmen, jedoch nicht zynisch, sarkastisch oder ironisch), Optimismus bzw. Hoffnung, Neugier (Interesse), Stolz, Vergnügen, Inspiration, Ehrfurcht und Liebe. Die aufgezählten Gefühle, haben die Macht unser Leben positiv zu beeinflussen. Wichtig ist auch eine positive Grundeinstellung zu kultivieren und sich regelmäßig Aktivitäten zu widmen von denen man weiß dass sie einen glücklicher machen, denn dies ist der Schlüssel zu einem erfüllten und dauerhaft befriedigenden Leben.      

Martin Seligman ist Psychologe und hat sich mit dem Thema Glück beschäftigt. Er hat in seinen Forschungen, fünf sich immer wieder herauskristalisierende Faktoren ausgemacht, die alle Menschen brauchen um ein glückliches und erfülltes Leben führen zu können. In diesem Zusammenhang brauchen Menschen sowohl kurzfristige Glückserlebnisse (Erfolgserlebnisse) als auch langfristiges Wohlbefinden, um ein gelingendes und sinnhaftes Leben zu führen und um wie es Seligman nennt "aufzublühen (thrive)".

  Die allgemeingültigen Faktoren des Glücks werden in dem Modell PERMA dargelegt. 

 

P positive Emotions (Gefühle die uns positiv stimmen kultivieren)

E Engagement (sich Aktivitäten widmen die Spaß machen und 

                          welche unsere Stärken fördern)

R Relationships (befriedigende Beziehungen und soziale Kontakte eingehen)

M Meaning (Sinn des eigenen Lebens erleben, sozial und wertschätzend sein) 

A Acomplishment (Erfolgserlebnisse haben, Selbstwirksamkeitserfahrungen) 


Wie auch immer die Gesetze aussehen mögen, die unsere Gedanken, Gefühle oder Handlungen steuern, am Ende sind wir es die bestimmen welche wir davon beibehalten und welche nicht. Es hängt von jedem Einzelnen von uns ab, zu wählen welchen Weg wir gehen und ob wir alteingesessene Verhaltensweisen (survival of the fittest), die uns mehr Schaden als Nutzen bringen, weiter zu einen ausgetrampelten Pfad machen, oder ob wir einen neuen Pfad (einander helfen und glücklich sein) anlegen möchten.

 

 Interessante Interviews und Vorträgen zu diesem Thema:

Barbara L. Fredrcikson

 https://youtu.be/Z7dFDHzV36g 


Gerald Hüther 

https://youtu.be/6Blz653NIJU

 

https://youtu.be/YqTGlZdIjpY 


Andrew Huberman

https://youtu.be/6x9iAlFAbgs



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